Adina
ossia il Califfo di Bagdad
Adina oder Der Kalif von Bagdad
Die
Handlung: Der Kalif von Bagdad möchte die junge Skalvin Adina heiraten,
welche ihn an seine einstige und vor Jahren verschwundene Geliebte Zora
erinnert. Das Mädchen hegt Zuneigung zu dem geduldigen und rücksichtsvollen
Herrn und stimmt schliesslich der Heirat zu. Noch während die Hochzeit
anberaumt wird, tritt plötzlich Selimo vor sie, der totgeglaubte Geliebte.
Seine Vorwürfe von Untreue entkräftet Adina mit der Zustimmung
zur Flucht, welche mit Hilfe des Gärtners Mustafà noch in der
selben Nacht durchgeführt werden soll. Der Kalif gewährt schweren
Herzens Adinas Bitte um Aufschub der Hochzeit, doch erst die Warnung seines
Wächters Alì macht ihn argwöhnisch. Die nächtliche
Flucht des Paares wird vereitelt, Selimo soll hingerichtet werden. Als Adina
in Ohnmacht fällt, findet der Kalif ein Medaillon an ihrem Hals, auf
welche er sein Jugendbildnis erkennt und woraus hervorgeht, dass das Mädchen
seine und Zoras Tochter ist. Selimo wird im letzten Moment vor dem Tod gerettet
und Adina kann ihn nun mit väterlicher Zustimmung heiraten.
Entstehung
Adina
ist eine der ganz wenigen Opern Rossinis, die zu Lebzeiten ihres Komponisten
fast nie gespielt wurde. Das hat fälschlicherweise zu negativen Rückschlüssen
auf die Qualität des Werkes geführt, liegt aber weitgehend in
einer Entstehungsgeschichte begründet, die für Rossinis Arbeitsprozess
völlig untypisch und einzigartig ist. Rossini komponierte und dirigierte
diesen Einakter nicht wie üblich am Ort der Uraufführung, sondern
erstellte ihn auf Kommission, sozusagen auf dem Korrespondenzweg. Wenig
war bisher über die genauen Umstände bekannt, und erst heute erlauben
einige vor kurzem entdeckte und im Rahmen des neuen Rossini-Epistolars veröffentlichte
Dokumente eine halbwegs vollständige Rekonstruktion der Entstehungsgeschichte.
So anekdotenhaft es klingen mag, Adina verdankt ihre Entstehung einem
Privatauftrag, der einer Liebesgeschichte entsprungenen war. Zum Jahreswechsel
1817/18 erhielt Rossini einen mit Lissabon, 21. Dezember 1817 datierten
Brief eines gewissen Giovanni Pezzena, der u.a. folgendermassen lautete:
Die freundschaftliche Achtung, die ich einer Dame ... entgegenbringe,
welche ... im hiesigen Theater San Carlos singt, führt mich dazu, derselben
eine Geschenk in Form einer neuen Musikfarsa zu machen. Ich weiss keinen
besseren Weg, als mich an Ihre so bekannten Verdienste zu wenden, damit
Sie geruhen, eine solche Farsa zu schreiben, womit sowohl der Erfolg als
auch das Wohlgefallen der genannten Dame sicher wäre. Die Wahl eines
anmutigen Librettos überlasse ich Ihrem guten Geschmack... die Farsa
wird mit Chor gewünscht... das Orchester besteht bei Bläsern und
Streichern aus fähigen Musikern, Sie können nach Ihrem Gefallen
und ohne Einschränkung den Eingebungen freien Lauf lassen... die genannte
Dame singt im Sopranschlüssel... Sie haben es mit einer Person zu tun,
die mit gerechtem Lohn Ihr Talent zu entschädigen weiss. Rossini war ausser seinen Verpflichtungen mit Neapel keine Kompositionsaufträge
für das Jahr 1818 eingegangen, und so mochte ihm eine kleiner Zusatzverdienst
gerade recht kommen, zumal es sich nur um einen Einakter handeln sollte
und er von den üblichen Pflichten (aufgedrängtes Libretto und
Librettist, Rücksichtnahme auf Sänger, Orchester und Publikumsgeschmack,
Einstudierung und Dirigat am Ort) entledigt war. Dass sich Rossini ohne
Verzug, noch während er mit der Komposition des Mosè in Egitto
beschäftigt war, um einen Vertragsabschluss kümmerte, belegt der
Vertrag selbst, der bereits am 7. April 1818 in Neapel unterzeichnet wurde.
Rossini verpflichtete sich, die semiseria-Farsa mit dem Titel Adina
bis zum 10. Juni in Musik zu setzen; als Gegenleistung sollte er 200 Mailänder
Zechinen erhalten, wenn die Komposition in Bologna übergeben wird,
bzw. 540 Dukaten, wenn sie in Neapel übergeben wird. Die Tatsache,
dass der Vertragstext bereits den Titel der Oper nennt und diese als semiseria-Farse
bezeichnet, beweist, dass Rossini zu diesem Zeitpunkt die Librettowahl bereits
getroffen hat. Rossinis Librettist war sein Bologneser Freund Marchese Gherardo
Bevilacqua-Aldobrandini. Dieser schöpfte jedoch aus einem 2aktigen
Libretto von Felice Romani, das unter dem Titel Il califo e la schiava
von Francesco Basili, allerdings erst 1819, vertont wurde. Möglicherweise
handelte es sich um ein Libretto von Romani, welches Rossini 1817 zugunsten
von La gazza ladra zurückgewiesen hatte, und das er nun (mit
oder ohne Wissen Romanis) von Bevilacqua anpassen liess.
Eine Woche nach Vertragsunterzeichnung verliess Rossini Neapel in Richtung
Bologna. Hier beschäftigte ihn die Organisation einer Spielzeit in
Pesaro so sehr, dass er Adina bis zum 10. Juni unmöglich fertigstellen
konnte. Trotz einer im Vertrag vorgesehenen Konventionalstrafe ist es gut
möglich, dass Rossini seinen Auftraggeber um Aufschub gebeten haben
mochte, wobei er als Entschuldigung seine Tätigkeit für die Vaterstadt
Pesaro anführen konnte. In Pesaro erkrankte Rossini Ende Juni an einer
Angina so stark, dass sich in Neapel sogar die Nachricht von seinem Tod
verbreitete. In der Folge kehrte Rossini zu seinen Eltern nach Bologna zurück,
um sich zu erholen, während der Impresario Barbaja, überzeugt
von Rossinis prekärem Gesundheitszustand, gezwungen war, die geplante
Uraufführung von Ricciardo e Zoraide zu verschieben. In Wirklichkeit
liess es sich der Komponist zu Hause gut ergehen, wie ein französischer
Opernkommissär am 25. August nach Paris weitermeldete: Er
[Rossini] nimmt alles ziemlich locker, das Vergnügen kommt bei ihm
vor allem anderen, man erwartet ihn in Neapel seit fast einem Monat um eine
Oper zu schreiben, die am 15. September aufgeführte werden soll. Aber
er ist hier in so guten Händen wegen zwei Dinge die er liebt, die Tafel
und die Frauen, so dass er alle Mühe hat, sich zur Abreise zu entschliessen.
Bevor er sich Ende August endlich auf den Weg nach Neapel machte, dürfte
er also seine einaktige Partitur abgeliefert und die zweihundert Zechinen
einkassiert haben; die Noten dürften nach Lissabon geschickt worden
sein. Dort wurde das Werk aber allem Anschein nach jahrelang nicht aufgeführt,
aus Gründen, die völlig unbekannt geblieben sind. Vielleicht war
die betreffende Sängerin mit ihrem Geschenk nicht zufrieden oder ihre
Liebschaft mit dem reichen Mäzen ist gar in Brüche gegangen...
Als die Oper am 12. Juni 1826 in Szene ging, diente sie auf jeden Fall als
Vehikel für eine Benefizvorstellung des Bassisten Giovanni Orazio Cartagenova
in der Rolle des Kalifen. Adina war eine Luigia Valesi, welche aber kaum
mit der ursprünglich beschenkten Sängerin identisch war. Im weiteren
wirkten Luigi Ravaglia (Selimo), Gasparre Martinelli (Alì) sowie
Filippo Spada (Mustafà) mit.
Rezeptionsgeschichte
Dieser Anlass blieb die einzige dokumentierte Aufführung von Adina
im 19. Jahrhundert und keinerlei Rezeptionen darüber sind bekannt.
Immerhin erschien das Werk 1859 innerhalb der Rossinischen Gesamtausgabe
bei Ricordi als Klavierauszug im Druck. Nach der Reexhumation des Werkes
1963 in Siena (davon existiert ein Livemitschnitt auf VOCE) gab es nur zwei
Aufführungen in Pesaro und Oxford, während in neuerer Zeit sich
Bologna 1981 und Rom 1992 des Werkes szenisch annahmen. Unter Sammlern zirkulieren
zudem zwei Radioaufnahmen, eine ältere aus Lugano und eine von 1991
aus Rom. Die Erstaufführung in deutscher Sprache fand 1992 auf der
Ostseeinsel Rügen statt und ist als CD-Premiere erschienen; im Mai
1999 folgt daselbst auch die italienischsprache Erstaufführung in Deutschland.
Die kritische Ausgabe der Fondazione Rossini wurde inzwischen von Fabrizio
Della Seta vorbereitet und kommt im August 1999 in Pesaro zur Aufführung.
Libretto
und Bedeutung
Ebenso einzigartig
wie die Entstehungsgeschichte steht auch das Werk in seiner Gattungsform
da. Obwohl ebenfalls eine Farsa, kann Adina nur sehr bedingt mit
den fünf für Venedig entstandenen Farse aus Rossinis Frühkarriere
verglichen werden. Bezeichnenderweise wurde im Vertragstext der Oberbegriff
Farsa mit semiseria ergänzt, damit die anderen Möglichkeiten eines
buffa- oder gar seria-Einakters ausgeschlossen waren. Tatsächlich hat
Rossini die Buffa-Elemente der Libretto-Vorlage stark reduziert, und so
die schon in La Cenerentola manifeste Tendenz weg vom rein Komischen
noch stärker akzentuiert. Für eine gewisse Komik sorgt nur noch
der Gärtner Mustafà, der aber nur in Ensembles und Rezitativen
mitwirkt. Die eigentliche Nebenrolle ist der Wächter Alì, der
in seiner Sorbettoarie ähnlich wie Haly in der Italiana über
die Frauen räsonniert. Die anderen drei Personen sind gleichwertig
behandelte Hauptrollen, die man als sentimentale Charakteren bezeichnen
könnte. Selimo ist der forsche Liebhaber, der sich als Gärtnergehilfe
im Serail seiner Geliebten Adina nähert. Der Kalif stellt den noblen,
erleuchtete Herrscher dar, der ähnlich wie Bassa Selim in der Entführung
durch Wohlwollen und Geduld Liebe zu erwecken hofft; wenn er sich jedoch
plötzlich verraten sieht, weist er gewaltsam Gnade und Verständnis
von sich, um Rache walten zu lassen; um so rascher und umfassender verzeiht
er allen, als er die wahren Verhältnisse erkennt. Vor allem die Hauptrolle
Adina wird zu einer zwiespältigen Figur, die nur mit Mühe mit
den sie einholenden Ereignissen Schritt zu halten vermag. In ihrer Auftrittsarie
hat sie den ehemaligen Geliebten völlig vergessen, schwärmt von
ihrem Kalifen, fürchtet aber die soziale Distanz und glaubt noch nicht
an ihr Glück. Dankbarkeit begründet ihre Liebe zum Kalifen, welche
sich beim Wiedererwachen ihrer wahren Leidenschaft in Schuldgefühle
verwandelt. Zweifellos hat Rossini das in Romani vorgegebene traditionelle
Muster der zwischen alter und neuer Liebe hin- und hergerissenen Gefühlen
eliminiert, um die innere Konfliktsituation zu verstärken, im Moment
wo der tot geglaubte Selimo plötzlich vor ihr steht. Am Schluss, als
sie im Kalifen den Vater erkennt und den Geliebten gerettet sieht, ist sie
kaum fähig, ihr Glück zu fassen; unterschwellig schwingt auch
die nun fiktiv gewordene Bedrohung des Inzestes mit, ein verstecktes Thema
mit langer Tradition in der seria-Oper, welches aber oft, auch in der komischen
Oper, der Schlüssel zum Happy-End ist. Adinas Schlussrondò ist
mehr ein Delirium als ein Freudengesang und Rossini bedeckt auch hier mit
Rosen eine Tiefe, die in ihrem Grund eine Zwiespältigkeit aufweist,
wie sie sich beispielsweise auch bei der (meist gestrichenen) Schlussarie
Almavivas im Babiere oder beim Rondò Elenas in La donna
del lago findet.
Der Wunsch des portugiesischen Herrn nach einer einaktigen Oper mit Chor,
Rossinis auf dem Gebiet der buffa- und seria-Oper erreichten Ausdrucksmöglichkeiten
sowie des Bearbeitung einer 2aktigen Librettovorlage wirkten bestimmend
auf die Struktur von Adina, welche gegenüber den Frühfarse
eine neue Verteilung der Gewichte aufweist. Es fällt sofort auf, dass
das grosse Ensemble als musikalischer und handlungsmässiger Kulminationspunkt
nicht mehr ungefähr die Mitte des Werkes einnimmt, sondern sich deutlich
gegen den Schluss hin verschiebt, wo ihm abgesehen von einer unbedeutenden
Sorbettoarie sogleich Szene und Rondò finale der Protagonistin folgt.
Die nach der dreiteiligen Introduktion folgenden vier Nummern der Hauptpersonen
- Kavatine, zweiteiliges Duett, dreiteilige Arie und Szene und Arie - bilden
eine Steigerung, die sich auch im folgenden Ensemble mit Arioso, Duettino,
Terzett-Rezitativ und Quartett mit Chor verstärkt wiederfindet, würdig
einem Finale Primo. Von dem nun folgenden zweiten Akt bleibt
sozusagen nur noch das Finale übrig, welches als grosses Schlussrondò
eine weitere musikalisch-vokale Steigerung im Gesamtgefüge dieses Einakters
bildet.
Musikbeschreibung
Adina
beginnt ohne Ouvertüre direkt mit einem Introduktionschor, splende
sereno e fulgido, welcher an die vitale Frische und Heiterkeit der Italiana
in Algeri anzuknüpfen scheint. Auch der Fortgang der Introduktion,
weitergeführt durch ein frisches Spiel der Klarinetten und dem Auftritt
Selimos, entspricht dieser Atmosphäre. Sein Dialog mit Mustafà
mündet in ein Duettino, das die Hoffnung des Tenors und die Freude
des Basses an den erhaltenen Goldstücken ausdrückt, nicht unähnlich
dem berühmten Verschwörerduett im Barbiere. Mit einem marschartigen
Thema kündigt der Chor die Ankunft des Kalifen an, welcher mit einem
gewissen Pathos die Schönheit des Umgebung lobt und erleichtert Adinas
Zustimmung zur Hochzeit verkündet; diese Freude kontrastiert mit der
Verzweiflung des versteckten Selimos, welche in einer kräftigen, raschen
Stretta, verstärkt durch Mustafà und den Chor, die Introduktion
zum Höhepunkt und Abschluss führt. Die Dialoge sind natürlich
als secco-Rezitative ausgeführt, wie es bis 1823 für alle ausserhalb
Neapels entstandenen Oper der Fall war. Mit dem Auftritt von Adina, Fragolette
fortunate wechselt der Gehalt der Musik zu einer besinnlicheren, melancholischen
Ausdruck, die selbst in der unbeschwerten Cabaletta durchdringt. Daran schliesst,
als losgelöste Nummer, ein mit Fanfarenklängen eröffnete
Lobgesang des Chores auf Adina, vezzosa Adina, von etwas pomphafter
Ausführung. Spätestens hier wird klar, dass der Chor in erster
Linie zur Verstärkung und Stütze der tragenden Elemente Introduktion,
Ensemble und Schlussrondò dient und im übrigen marginale Stimmungsmalerei
bleibt. Ein langes Rezitativ wird nur von einer weiteren Chornummer unterbrochen,
il regio talamo, welcher zum Hochzeitsfest auffordert (meist gestrichen).
Wunderschön und von einer ergreifenden Traurigkeit ist das Duett zwischen
Adina und dem Kalifen se non m'odii, o mio tesoro, und weil das Unfassbare
unausgesprochen bleibt, verzichtet Rossini auf eine eitle Cabaletta. Von
einer gedrängten Nervosität ist der Ausbruch des Kalifen, d'intorno
al serraglio, der aber sogleich wieder einer lyrischen Besinnung Platz
macht, bevor eine Cabaletta di furore (mehr noch di disperazione)
diese Solonummer abschliesst. Ihr folgt sogleich die nächste, jene
Selimos, welche als grosses Szene und Arie gegliedert ist. Das einleitende
begleitete Rezitativ wird von einer wunderschönen Melodie des Englischhorns
abgelöst, welche die lyrische, fast preghierahafte Arie Giusto ciel,
che i dubbi miei einleitet. Diesem andächtigen Moment voller Besinnung
folgt, begleitet von virtuosen Interventionen des Soloinstrumentes, die
hoffnungstrunkene, durch Koloraturenrausch ausgedrückte Aussicht auf
die Vereinigung mit der Geliebten. Das grosse Ensemble wird mit einer Orchestereinleitung
eröffnet, welche mit wenigen Zügen die Heimlichkeit des Fluchtversuches
charakterisiert. Adina tritt hervor und fühlt Gewissenbissens in sich
aufsteigen, welche vom dreimaligen Seufzer des Hornes drohend unterstrichen
werden. Nel lasciarti, o caro albergo ist vielleicht der Höhepunkt
der ganzen Oper. Die Spannung löst sich, wenn Adina auf Selimo und
Mustafà trifft. In einem kurzen, verspielt-schwelgerischen Duettino
rufen die Geliebten die dunkle Nacht zu ihrem Fluchtkomplizen auf. Doch
da wird das Idyll durch das hilfeschreiende Herbeieilen Mustafàs
und das plötzliche Auftauchen des tobenden Kalifen unterbrochen. Sein
Wutausbruch, Selimos stolze Herausforderung und Adinas bewegt-dramatisches
Flehen gehen schlussendlich auf in der vom Chor ergänzten Cabaletta,
welche die Verzweiflung Aller kraftvoll ausmalt, und vom Parlando-Kommentar
des in seiner Skeptik bestätigten Mustafàs begleitet wird. Die
kurze Arie von Alì ist eine typische Sorbettoarie und weist die entsprechende
graziös-leichte Charakteristik mit einer raffinierten Instrumentalbegleitung
auf. Ein traumhaft-malerischer apri i begli occhi Chor weckt Adina
aus ihrer Ohnmacht, welche, die Schicksalswende noch ignorierend, in eine
verzweifelte Klage über den Verlust ihres Geliebten ausbricht. In die
darauf folgende lyrische Arie fügt sich tröstend-zärtlich
der Chor ein. Der aus der Ferne zu vernehmende Ruf des geretteten Selimo
und die Entdeckung von Adinas Identität bilden die Brückenpassage
zum Rondò finale, in welchem die reich florierenden Verzierungen
weit mehr als reines Glück aussprechen, nämlich das Delirium einer
von unfassbaren, widersprüchlichen Emotionen hin- und hergerissenen
Seele.
Reto Müller,
1993/1999
Aus: «Mitteilungsblatt der Deutschen Rossini Gesellschaft»,
Nr. 14 (März 1999), S. 12-15; leicht veränderte Fassung des Erstabdrucks
in «Orpheus», 21. Jg., Heft 13 (Festivalausgabe) 1993 Die
vergesene Oper, Folge 117, S. 32-34.